Kolumnistin Mimi Erhardt hat selbst auch schon Erfahrungen mit Untreue gemacht. Aber, dass jemand aus Eifersucht anfängt, im Handy des Partners zu spionieren, ist für sie unverzeihlich.
Ich weiß nicht mehr, wann ich zum ersten Mal fremdging. Mit 15, glaube ich. Was ich noch weiß, ist, dass Fremdgehen während meiner Teenagerjahre in den 90ern sehr viel einfacher war als heute. Das lag vor allem daran, dass es keine Handys gab. Keine verräterischen Whatsapps, keine Anrufe, die es zu erklären galt. Ich musste weder Telefonnummern unter falschem Namen einspeichern noch mein Smartphone auf Lautlos schalten.
Inzwischen sieht das alles anders aus. Die Smartphone-Kultur hat nicht nur Seitensprüngen, sondern auch harmlosen (Online-)Flirts den Garaus und einen Leistungssport daraus gemacht, mögliche Spuren zu verschleiern. In echte Erklärungsnot gerät man jedoch, wenn der Partner sich Zugriff zum eigenen iPhone verschafft hat und reinschielt. Sogar dann, wenn man gar nichts verbrochen hat. (Lesen Sie auch: Daran erkennen Sie, dass Ihr Partner Sie betrügt)
Was mich zu der Frage bringt: Haben Sie schon mal im Handy Ihrer Partnerin geschnüffelt?
Ich gebe zu, dass mein sehr spezieller Fall vielleicht nicht der optimale Einstieg in dieses Thema war. Schließlich hätten meine damaligen Freunde auf diese Art Beweise für mein Fremdgehen gefunden. „Also wäre ein wenig Handy-Schnüffelei doch gerechtfertigt gewesen, Frau Erhardt“, merken Sie deshalb vielleicht an. Ich aber sage: Nix da.
Schnüffeln überschreitet eine Grenze
Abgesehen davon, dass ich seit Jahren (bis auf wenige Ausnahmen) treu wie Lassie bin, überschreitet man mit einem Blick ins Smartphone des Partners eine Grenze. Es ist ein Vertrauensbruch, der eine Liebe zu Fall bringen kann. Kein Beziehungs-Kavaliersdelikt, wie man immer wieder hört: „Och, ist doch nicht so schlimm. Ich werfe ja nur mal einen kurzen Blick auf ihre/seine Nachrichten. Und in seine Fotos. Da werde ich schon keine fremden Nudes finden, haha.“
Hier die zwei wichtigsten Gründe, weshalb Sie niemals ins Telefon des Partners luschern sollten:
Grund Nr. 1: Sie treten die Privatsphäre des anderen mit Füßen.
Ach was. Sie spülen sie im Klo runter. Was Sie machen ist nur eine andere Form von Betrug.
Unsere Smartphones sind zu virtuellen Tagebüchern und Fotoalben geworden, in denen so viel Privates steckt. Ich würde bei dem Gedanken sterben, dass jemand außer mir selbst durch meine misslungenen Selfies wühlt. Oder angefangene Nachrichten an alte Lieben liest, die ich nie abgeschickt habe.
Um den Partner zu hintergehen, muss man nicht fremdgehen. Jeder Akt, bei dem das Vertrauen des anderen missbraucht wird, ist am Ende des Tages Verrat. Und ob Ihr Partner Ihnen verzeiht, wenn er von Ihrer Spionage-Aktion erfährt, ist fraglich. (Lesen Sie auch: Sex-Trend "Kunyaza" - von dieser Technik haben Sie noch nie gehört)
Grund Nr. 2: Sie tun sich – eventuell völlig unnötig – selbst weh
Ich habe Freunde, die mir sehr nahestehen. Denen ich intime Dinge anvertraue. Und mit denen ich auf eine Art kommuniziere, die Außenstehende falsch deuten könnten. Ich nenne diese Menschen Baby, sage ihnen, wie sehr sie mir fehlen oder dass ich auf Spotify gerade „unser“ Lied gehört habe. Und meine all das freundschaftlich, nicht flirty. Doch würde mein Partner diese Dinge heimlich in meiner Abwesenheit lesen, würde er es falsch verstehen. Vielleicht auch falsch verstehen wollen. Denn, so glaube ich: Wer sich am Smartphone des anderen zu schaffen macht, will etwas finden. Will sich in seinem Verdacht bestätigt fühlen.
Würde nichts auf eine Affäre oder einen Seitensprung hinweisen, fände man auch Erklärungen: Er oder sie hat alle Chats und Fotos gelöscht. Weiß, dass man ihm auf der Spur ist. Ist nicht nur ein Betrüger, sondern außerdem ein gewissenloser Lügner.
Der Partner hat ab diesem Punkt keine Chance mehr, glimpflich aus der Sache herauszukommen.
Wenn ich in Gesprächen zu diesem Thema an diesem letzten Punkt angelangt bin, höre ich oft: „Aber was, wenn ich Recht habe? Wenn mein Partner mich doch betrügt? Dann habe ich wenigstens Gewissheit.“
Ja, vielleicht betrügt Sie Ihre Frau. Und ja, Sie wüssten in diesem Fall tatsächlich Bescheid. Haben Sie vorab vergeblich versucht, die Wahrheit aus ihr herauszufragen, wurden aber stets beschwichtigt, kann ich verstehen, dass Sie das Wissen befriedigt und Ihnen dabei hilft, einen Abschluss zu finden. Dennoch halte ich das Risiko für zu groß groß, durch Handyschnüffelei jemanden zu verlieren, den man zu Unrecht beschuldigt. (Lesen Sie auch: Erogene Zonen - diese Tricks sollten Männer kennen)
Reden hilft nicht immer – aber oft
Fragen Sie sich, ob es möglich ist, dass Ihre Eifersucht der wahre Übeltäter ist. So war es in vielen mir bekannten Fällen. Nicht immer half Reden, aber oft. Sich gemeinsam hinsetzen und über Ängste und vielleicht auch einen konkreten Verdacht sprechen. Dem anderen zuhören. Sich der Wahrheit stellen. Und ja, die kann auch lauten: „Baby, du siehst Gespenster, es gibt für mich nur dich.“
Alles besser, als sich hinter dem Rücken des geliebten Menschen in Befürchtungen hinein zu steigern und ihn am Ende zu hintergehen.
Sollten Sie derjenige sein, der zu Unrecht ausspioniert wurde und nun nicht weiß, wie er mit der Situation umgehen soll: Überlegen Sie, ob Sie Ihrem Partner in naher Zukunft wieder vertrauen können. Ist es Ihnen möglich, den Mangel an Respekt zu verzeihen? Ziehen Sie im Notfall die Reißleine, so schmerzhaft es auch sein mag. (Lesen Sie auch: So bringen Sie jede Frau zum Orgasmus)
Der Moment, für klare Verhältnisse zu sorgen
Wurden Sie ausspioniert und erwischt – Pech. Sie haben sich beide nicht mit Ruhm bekleckert. Entweder suchen Sie das Gespräch in der Hoffnung auf eine zweite Chance oder Sie nutzen den Moment, um für klare Verhältnisse zu sorgen.
Falls es Sie interessiert: Ich habe noch nie im Handy eines Partners geschnüffelt. Trotz gelegentlicher Eifersucht vertraue ich dem Menschen, den ich liebe. Warum wäre ich sonst mit ihm zusammen? Betrügt er mich, werde ich es früher oder später erfahren. Andersrum genauso. So war das übrigens schon in den 90ern.
Mimi Erhardt ist Sex-Kolumnistin für GQ und GQ.de. Hier erfahren Sie mehr über die Autorin.
Dieser Artikel wurde verfasst von (Mimi Erhardt)
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